Kausalität laut Aristoteles’ Physik

Bedenkt man, daß aitia neben ‘Ursache’, ‘Grund’ oder ‘Anlaß’ auch ‘Schuld’ bedeutet (aitios = schuldig, schuld, verantwortlich; der Schuldige, Urheber, Täter), so zielt die Frage nach Kausalität darauf ab, zu erfahren, was an etwas ‘schuld’ ist.

Um die von Aristoteles unterschiedenen ‘Ursachen’, nach denen gefragt werden kann, zu typisieren, ohne sie zu verdinglichen, ist es am besten, die Frage so neutral wie möglich zu formulieren:

Was (alles) ist schuld daran, daß etwas (ein Ding) das ist, was es ist, und daß es so ist, wie es ist?

Wird nach diesem Schema gefragt, wobei das Wort ‘Ursache’ nicht unabsichtlich vermieden wird, werden die Antworten unter vier verschiedenen Aspekten erfolgen, je nachdem, worauf Bezug genommen wird:

  1. causa materialis: das Material, aus dem etwas besteht (woraus ist das Ding gemacht?)
  2. causa formalis: die Form, die etwas aufweist (wie ist das Ding geformt?)
  3. causa efficiens: die Weise, wie etwas entstanden ist (wie ist das Ding zu diesem Ding geworden?)
  4. causa finalis: der Zweck, den etwas erfüllt (wozu ist das Ding gedacht?)

Statt nach einem ‘Ding’ oder einem ‘Gegenstand’ kann auch nach einer ‘Sache’ gefragt werden, oder neutraler nach einer Entität, nach irgendetwas. Eine ‘Ursache’ ist nun nicht ihrerseits eine ‘Sache’ oder ein ‘Ding’ im selben Sinne, sondern sie ist auch nur – irgendetwas.

(Copyright by Peter Gold)

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